Seitdem auch im Schwarzwald Kalorien gezählt werden, hat das gut alte Café einen schweren Stand. Braucht’s Schwarzwälder Kirschtorte, Kaffeesahne und draußen nur Kännchen? Und die Einrichtung erst! Gardinen? Auch Service im Dirndl und in geschnürten Gesundheitsschuhen ist nicht mehr so richtig zeitgemäß. Aber genug gejammert. Cafés gibt’s zum Glück immer noch. Nicht nur wegen Kaffeedurst und Koffeinbooster.
Einen Katschupino bitte!
„Kaffee für alle“, ruft Anne Huber im Baden-Badener Café Kaffeesack, das zu einer Rösterei aus Achern gehört. Das ist jetzt aber keine Ansage für eine Freirunde, sondern dass es 13 Sorten Kaffee für Espressomaschine oder Filterkaffee gibt. „Für jeden Geschmack gibt es hier einen Kaffee“, verspricht Anne, die in Wien Marketing studierte und dort die Kaffeehauskultur kennen und lieben lernte. „Aber ein schönes Kaffeehaus ist noch lange keine Garantie für einen guten Kaffee“, weiß sie. Im Kaffeesack ist immer noch Cappuccino der Hit. Allerdings heißt er hier Katschupino. So viel Spaß muss sein. Auch der gute alte Filterkaffee ist angesagt. Wer schon in den 1970er-Jahren auf der Welt war, fällt vom Glauben ab. Gebrühter Filterkaffee war in jenen dunklen Tagen saure Plörre. Aber heute gibt es keine Glaskanne mehr, die fünf Stunden gewärmt wird. Jede Tasse wird frisch gebrüht. Damit der Kaffee auch erstklassig schmeckt und nicht zum verwässerten „Bodenseekaffee“ verkommt, wird mit einer digitalen Waage die Wassermenge gewogen.
Apropos: Einen ähnlichen Aufwand betreibt man in der Freiburger Café Kolben Akademie (siehe weiter unten), dort wird sogar die Tampe (der Stempel, der den Kaffee in das Sieb drückt) mechanisch gesteuert, damit das Kaffeepulver mit der immer gleichen Präzision festgedrückt wird. Nur so schmecken Espresso und Co. auch immer gleich. Wow!
Filterkaffee hat was …
Wer wie Anne im Kaffeesack mehr als ein Dutzend Sorten Kaffee anbieten will, muss exakte Wissenschaft betreiben. „Wenn man Filterkaffee als Espresso trinkt, schmeckt er sauer, trinkt man Espressokaffee als Filterkaffee, schmeckt er bitter“, erklärt sie. Filterkaffee hat was, findet Anne, und zwar schmecke er „fruchtig komplex“. Aber das würde man erst dann herausschmecken, wenn man sich quasi ins
Kaffee-Fach eingetrunken hat.
Das kleine Café (14 Plätze innen und außen) in der Baden-Badener Altstadt lebt von der Laufkundschaft und seinen Stammgästen, die auch Kaffeebohnen aus eigener Röstung kaufen. Oben an der mit Stuck verzierten Decke steht „Ohne Kaffee läuft hier gar nichts“, hinten an der Wand ist eine Fotoserie zu sehen, die einen jungen Italiener zeigt, wie er zum ersten Mal die schwarze Brühe zu trinken bekommt. Herrlich! Das Leben ist bitter, schmeckt aber. Dafür sorgen auch Bananabread, Zitronenkuchen, Zimtschneckenkuchen und Schwarzwaldbrownie, leider ohne Kirschwasser (Alkohol gibt’s hier eh keinen.) Die kleine Backstube liegt gleich hinter der Bar. Hier mischen sich zwei Düfte, nach Kaffee und nach frisch Gebackenem. Die Kuchen sind nicht so aufwendig wie ein gedeckter Apfelkuchen, aber lecker.
Viele neue Cafés gehen neue Wege und sehen es nicht so eng. Statt Teppich und Vorhänge sowie der „Bunte“ im Lesezirkel gibt es ein offenes W-Lan und natürlich Hafermilch, Detox-Tees, hausgemachte Limos – und Eis. Das Freiburger Café Förster Max hat sich damit einen Namen gemacht und auch das neue Kaiserstühler Landeis Café (siehe weiter unten). Hier gibt es mehr als ein Dutzend Eissorten (Sahnegries-kirscheis!) sowie Törtchen und Kuchen aus eigener Konditorei. Ohne Süß geht’s nimmer. Ob am Kaiserstuhl oder in Sankt Blasien im Café Rosalie, süße Törtchen sind aus einem guten Café genauso wenig wegzudenken wie das Amen in der Kirche.